RW Essens Maik Rodenberg glaubt nicht an den Aufstieg seines Teams

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Rot-Weiß Essen ist für viele Fußballanhänger ein Paradebeispiel für Traditionsvereine, die in der Versenkung verschwunden sind. Nun kickt der Verein aus dem Ruhrpott in der viertklassigen Regionalliga West und belegt mit 34 Punkten nach 16 Spieltagen den vierten Tabellenplatz. Der Abstand auf Spitzenreiter Viktoria Köln beträgt nur zwei Zähler. Dreimal konnte der Verein vom 54er-Weltmeister Helmut Rahn in den Jahren 1966, 1969 und 1973 in die Bundesliga aufsteigen. Besonders in den 70er Jahren konnte das Stadion an der Hafenstraße durch hochklassige Fußballspiele und eine beeindruckende Atmosphäre bundesweite Berühmtheit erlangen. Im November 2005 wurde sogar der große Pele Mitglied bei RWE, der seinen Mythos auch in der Viertklassigkeit nicht eingebüßt hat. Mehr als 8.000 Fans pro Begegnung sorgen für eine zweitligareife Kulisse beim Traditionsverein, der im Jahr 1994 sogar im DFB-Pokalfinale gestanden hat und in der Spielzeit 2006/07 zuletzt im deutschen Unterhaus vertreten gewesen ist.

Das Schwelgen in der Vergangenheit möchte man ablegen, denn nun hat sich das Team von Trainer Waldemar Wrobel eine gute Position im Aufstiegskampf der Regionalliga erarbeitet und darf sich berechtigte Hoffnungen machen auch tatsächlich in die 3. Liga aufzusteigen. Helfen soll dabei auch Defensivakteur Maik Rodenberg, der sich fast seit zwei Jahren mit einer langwierigen Knieverletzung herumplagen musste und nun zu einem Leistungsträger bei den Rot-Weißen mutiert ist. Im Gespräch mit „DFB.de“ hat er die fast zweijährige Leidenszeit ausführlich beschrieben und offenbart einen gewaltigen Realismus. Über die Glücksgefühle endlich wieder beschwerdefrei kicken zu können, berichtet er: „Bei mir ging es am Ende nur darum, überhaupt wieder Fußball spielen zu können. Im Januar 2010 habe ich mir in einem Testspiel das Knie fast komplett kaputt gemacht. Seit diesem Sommer geht es wieder aufwärts. Ich war also fast zweieinhalb Jahre weg. Da macht man sich schon seine Gedanken. Das war sicherlich eine Grenzerfahrung. Ohne die Unterstützung aus dem privaten Umfeld und vom Verein wäre ich womöglich nicht zurückgekommen. Jetzt kann ich wieder Leistungssport betreiben. Das ist für mich eine riesige Geschichte. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich damit nicht mehr gerechnet. Spät, aber nicht zu spät, habe ich die für mich richtige Behandlungsmöglichkeit gefunden.“
Ehrlich berichtet er, dass er sich auch ernsthafte Sorgen machen musste, dass seine Karriere auch zukünftig fortgesetzt werden kann. Seine Gefühle und auch Ängste beschreibt er bei „DFB.de“ wie folgt: „Ich hatte lange große Probleme. Ich habe mich oft gefragt, ob Fußball für mich noch das Richtige ist, ob Fußball mir noch gut tut. Aber ich liebe diesen Sport. Ich wollte mir den Traum verwirklichen, auf den Platz zurückzukehren. Jetzt bin ich einfach nur glücklich, dass ich das geschafft habe. Es erfüllt mich total. Ich freue mich, dass ich wieder ein gutes Niveau erreicht habe. Rot-Weiss Essen ist ein ganz besonderer Verein. Wir haben bei unseren Heimspielen oft 9000 Zuschauer. Von den Rahmenbedingungen brauchen wir uns vor vielen Drittligisten n
icht zu verstecken. Ich genieße das alles jetzt viel mehr als vorher und weiß es zu schätzen, was man als Fußballer erleben darf.“
Viele Profis, die eine längere Verletzungspause erleiden mussten, berichten davon, dass Fußball durch diese Problematik der fehlenden Spielpraxis an Werthaltigkeit und auch ein Stück weit an Wichtigkeit verliert. Deshalb hat er sich ganz bewusst auch ein zweites Standbein aufgebaut, wie er ausführlich beschreibt: „Vorher war alles nur auf Fußball ausgerichtet. Jetzt schaue ich mehr nach links und rechts. Ich hatte ja gar keine andere Wahl, besonders in der Zeit, als es mir ganz schlecht ging. Ich habe mich an der Uni Duisburg-Essen eingeschrieben, um BWL zu studieren. Dort bin ich jetzt im dritten Semester. Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig, sich ein zweites Standbein aufzubauen. Ich habe erlebt, wie schnell es vorbei sein kann. So ist es die optimale Kombination. Ich kann durch den Fußball mein Studium finanzieren und eine Perspektive für die Zukunft schaffen. Nach meiner Geschichte ist es so das Beste, was mir passieren konnte.“
Viele Spieler kommen auch körperlich und vor allem mental gestärkt nach solch einer schweren Verletzung wie auch im Fall Rodenberg erlitten, zurück. Diese neue Stärke kann der 23-jährige Ex-Armine gegenüber „DFB.de“ auch bestätigen: „Ich denke schon. Heute sehe ich das alles etwas entspannter. Früher wollte ich immer zu oft mit dem Kopf durch die Wand, das hat nicht funktioniert. Obwohl mir zweieinhalb Jahre Fußball fehlen, bin ich jetzt stärker als vorher. Ich habe eine ganz andere Persönlichkeit, das zeigt sich auch auf dem Platz.“ Mental schwächere Akteure als Rodenberg könnten auch an ihren Qualitäten und Fähigkeiten zweifeln, wenn man sich die Vita in jungen Jahren betrachtet und diese mit der Gegenwart vergleicht. Bekanntlich war Rodenberg von der U18 bis zur U20 sogar in den Juniorennationalmannschaften aktiv und wurde dort als großes Talent gehandelt. Dennoch fällt der Rückblick ein wenig mit Wehmut aus: „Es war eine tolle Zeit. Ich stand praktisch die ganze Zeit unter der Beobachtung von DFB-Trainer Horst Hrubesch. Leider habe ich es nicht geschafft, mich richtig in die Mannschaft zu spielen. Dazu hat es in diesem Augenblick nicht gereicht.“
Meinungsstark wie er ist, spricht er Klartext über die verpasste Chancen, dass er es tatsächlich in der Bundesliga schaffen kann. Über die Gründe meint er: „Vor allem die absolute Überzeugung und das Selbstbewusstsein, dass ich das wirklich packen kann. So habe ich dann manchmal auch gespielt. Ich hatte einfach nicht das Selbstverständnis, dass ich keinen Deut schlechter war als diejenigen, die auf dem Platz standen, gerade bei der Nationalmannschaft. Ich habe mich zu oft kleiner gemacht, als ich wirklich war. Für das absolute Topniveau hat es deshalb nicht gereicht. Der ausschlaggebende Grund war nicht die Verletzung, so ehrlich muss man sein. Heute habe ich ein ganz anderes Auftreten: Egal wer kommt, egal wie gut er ist - er muss erst mal an mir vorbeikommen. Und das ist gar nicht so einfach. So war ich früher nicht.“
Dennoch möchte er den vergebenen Chancen keinesfalls nachtrauern, auch wenn die Beispiele der ehemaligen Mannschaftskameraden sicherlich nicht ganz so einfach zu verkraften sind: „Denn es waren trotzdem schöne Erlebnisse - ich war einfach noch nicht so weit. Ich erinnere mich zum Beispiel gerne an die U 20-WM 2009 in Ägypten zurück. Viele der Jungs, mit denen ich damals dort im Kader stand, schaue ich mir heute samstagabends in der Sportschau an. Die Bender-Zwillinge zum Beispiel, Ron-Robert Zieler, Lewis Holtby, Sebastian Rode oder Dani Schahin. Ein Großteil der Mannschaft spielt jetzt auf Topniveau.“
Viele Spieler, die mit einem solch großem Potential wie Rodenberg gesegnet sind, haben noch gewaltige Ambitionen bezüglich einer Karriere in der Eliteklasse des deutschen Fußballs. Realistisch sieht der Essener dies für sich jedoch keinesfalls, wie er „DFB.de“ verraten hat: „Natürlich ist das ein Traum. Aber ich bin realistisch. Dieser Zug ist für mich abgefahren. Das ist jedoch gar nicht schlimm. Ich habe in den vergangenen zweieinhalb Jahren vielleicht mehr erreicht als ehemalige Weggefährten, die jetzt professionelle Fußballspieler sind. Ich habe viel gelernt und viel erlebt. Für mich war dieser Unfall eine wirkliche Lebensprüfung, meine erste. Deshalb ist es auch nicht schlimm, dass ich nicht in einer absoluten Topliga spiele. Ich bin stolz darauf, dass ich diese Leidenszeit gemeistert habe. Und ich bin stolz darauf, bei einem Traditionsverein wie Rot-Weiss Essen unter Vertrag stehen zu dürfen.“
Wie bereits eingangs erwähnt hat der ehemalige Bundesligist Rot-Weiß Essen nur zwei Zähler weniger als der Aufstiegstopfavorit Viktoria Köln. Prinzipiell gibt es durch diese hervorragende Ausgangssituation sämtliche Möglichkeiten, um auch tatsächlich den langersehnten Aufstieg in die 3. Liga zu erreichen. Rodenberg demonstriert jedoch auch in diesem Fall wieder Realismus, wenn er hinsichtlich eines möglichen Aufstiegs bekannt gibt: „Nein, das glaube ich nicht. Dafür wird es nicht reichen. Auch wenn jeder sicher davon träumt, in dieser Saison den Aufstieg zu schaffen. Wir hatten bisher oft das nötige Quäntchen Glück. Wir stehen gut da, und das bestimmt nicht zu Unrecht. Aber den Aufstieg haben sich ganz andere Vereine auf die Fahne geschrieben. Wir wollen möglichst lange den Anschluss an die Spitze halten. Aber niemand gibt hier schon in dieser Spielzeit das Ziel 3. Liga aus. Da würden wir uns selbst überschätzen, das können wir ganz realistisch einschätzen.“
Mit einem Sieg beim, schon in der Bundesliga gespielten Traditionsderby gegen den Wuppertaler SV, könnte bei einem günstigen Verlauf der anderen Spiele, sogar die Tabellenführung der Regionalliga West winken. Neben diesen beiden Teams gibt es mit Viktoria und Fortuna Köln, den Sportfreunden Siegen oder auch Drittliga-Absteiger Rot-Weiß Oberhausen auch zahlreiche andere Traditionsmannschaften in der Weststaffel der Regionalliga. Über die Attraktivität der Regionalliga West meint Rodenberg: „Es gibt viele Klubs in dieser Klasse, die früher 2. Bundesliga oder sogar noch höher gespielt haben. Man muss sich das mal vorstellen: Wir haben in der vierten Liga ein Livespiel im Fernsehen. Das hat schon etwas. Aber letztendlich ist das auch nicht mehr als nur ein Fußballspiel.“


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Quelle: dfb.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: RW Essen; Rodenberg; Wrobel
Datum: 23.11.2012 21:36 Uhr
Url: http://www.4-liga.com/nachrichten-rw-essens-maik-rodenberg-glaubt-nicht-an-den-aufstieg-seines-teams-2960.html
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