Vor der Saison galten die Sportfreunde Lotte als ein aussichtsreicher Kandidat auf die Meisterschaft in der Regionalliga West. In den letzten Jahren konnte sich der Verein aus der Nähe zu Osnabrück stets in der Spitzengruppe der Regionalliga West aufhalten. Nach nur einem Punkt aus den ersten drei Saisonspielen geht die Blickrichtung zunächst Richtung Tabellenkeller. Sechs Gegentreffer hat Stammkeeper Benedikt Fernandez kassieren müssen. Der 29-Jährige hat einst mehrere Jahre beim deutschen Spitzenverein Bayer 04 Leverkusen im Tor gestanden, ehe er über die Zwischenstation 1. FC Saarbrücken im Jahr 2013 schließlich zu den Sportfreunden gewechselt ist. 4-liga.com Reporter Henning Klefisch hat er erzählt, wie schwierig es auch gewesen ist, ohne Verein zu sein und was er sich in dieser Saison mit Sportfreunde Lotte so vorgenommen hat.

4-liga.com: Hallo Herr Fernandez, als Stammkeeper der Sportfreunde haben Sie in dieser Spielzeit aus zwei Partien einen Punkt erst holen können. Dabei sind sie mit Essen, Düsseldorf II und Köln II auf zwei starke Gegner getroffen. Wie schätzen Sie den bisherigen Saisonstart ein? Wo gibt es noch Verbesserungsbedarf?
Fernandez: „Mit dem bisherigen Saisonverlauf sind wir sicherlich nicht zufrieden. Dennoch kommt dieser für mich, nach dem großen personellen Umbruch im Sommer sowie der Verjüngung unseres Teams, nicht ganz unerwartet. Wir müssen und werden als Team durch die Spielpraxis der nächsten Wochen weiter zusammenfinden und unsere Leistungen stetig steigern. Insbesondere die defensive Kompaktheit und die Zielstrebigkeit vor dem gegnerischen Tor werden wir noch verbessern müssen.“
 
4-liga.com: Sie selbst stehen seit Juli letzten Jahres bei den „Blau-Weißen“ unter Vertrag. Damals ist man nur knapp in zwei besonders engen Relegationsduellen den RB Leipzig am Aufstieg in die 3. Liga gescheitert. In der abgelaufenen Spielzeit musste man Fortuna Köln zur Meisterschaft gratulieren. Warum hat es in der abgelaufenen Spielzeit letztlich nicht zur gewünschten Meisterschaft gereicht?
Fernandez: „In der vergangenen Spielzeit haben wir in 36 Meisterschaftsspielen lediglich 3 Mal verloren und Regionalligaübergreifend mit 26 Gegentoren die wenigsten kassiert. Das ist eigentlich die Bilanz eines Meisters. Hausgemachte Probleme, ein wenig Pech im Saisonendspurt (viele Unentschieden, davon zwei in der Nachspielzeit), sowie abnehmende Torgefahr haben meiner Meinung nach den Unterschied ausgemacht.“
 
4-liga.com: Auch vor dieser Saison hat man sich wieder gezielt verstärken können. Wie zufrieden sind Sie mit den Neuzugängen?
Fernandez: „Wie oben bereits erwähnt hat annähernd ein Komplettumbruch stattgefunden, der mit einer teils extremen Verjüngung unseres Teams noch drastischer ausgefallen ist. Auf einigen Positionen ist uns sicherlich Qualität abhanden gekommen. Auf anderen haben wir uns verbessern können. Aktuell finde ich es noch zu früh und nicht fair ein Fazit über die Qualitäten unseres Teams zu ziehen, da erst drei Spieltage absolviert worden sind.“
 
4-liga.com: Sie haben selbst nicht nur die Sonnenseiten im Profifußball miterlebt. So haben Sie die Jugend bei Bayer 04 Leverkusen durchlaufen und haben zwischen 2006 und 2011 immerhin sechs Spiele für die Werkself bestreiten können. Nach dem Vertragsende 2011 waren Sie bis Mai 2012 vereinslos. Wie bewerten Sie diese Zeit im Nachhinein?
Fernandez: „Nach sechs Bundesligaspielen, 2 Uefa-Cup Partien, einem DFB-Pokal Einsatz sowie über hundert Spielen im Kader während 2006 und 2011, kam das vereinslose Jahr recht überraschend. Ein Problem war mit Sicherheit, dass ich in meinen letzten zwei Vertragsjahren viel Verletzungspech hatte und mich insgesamt hab vier Operationen unterziehen müssen. Daher habe ich insbesondere im Jahr 2009 und 2010 wenig stattgefunden. Während der vereinslosen Zeit durfte ich mich bei der 2. Mannschaft von Bayer 04 sowie in deren Werkstatt fit halten,wofür ich dem Verein bis heute sehr dankbar bin. Nicht nur sportlich, sondern auch privat war diese Phase schwierig und hat mich nachhaltig geprägt. Dadurch bin ich heute um einiges ruhiger und gelassener und sehe viele Dinge nicht mehr so verkrampft. Der einzig positive Aspekt dieser Zeit ist, dass ich mein VWL-Studium in Ruhe beenden konnte und drei Praktikas hab absolvieren können.“
 
4-liga.com: Wie dankbar sind Sie den Sportfreunden, dass sie nach der schweren Zeit in Saarbrücken vor gut einem Jahr einen Vertrag erhalten haben?
Fernandez: „Das sehe ich etwas anders. Nach dem vereinslosen Jahr, sowie meiner oben beschriebenen Verletztenzeit war ich dem 1.FC Saarbrücken und Jürgen Luginger sehr dankbar, dass sie mir den Wiedereintritt ins Profigeschäft ermöglicht haben. Nach zu Beginn vereinspolitischen Entscheidungen bin ich schließlich zum Ende der Hinrunde ins Tor gerückt und habe diesen Platz durch gute Leistungen nicht wieder hergegeben. Das Magazin "kicker" wählte mich schließlich auch unter die TOP 3-Keeper der Rückrunde. Daher denke ich, dass ich keinem Verein "dankbar" sein müsste, dass sie einen qualitativ guten Torwart verpflichten konnten.“
 
4-liga.com: Viele Experten sehen Sie als einen Mitfavoriten auf den Aufstieg. Wie bewerten Sie dies und welche Teams sehen Sie als Mitfavoriten auf die Meisterschaft?
Fernandez: „Nach den ersten drei Spieltagen können wir diesen Erwartungen natürlich nicht gerecht werden. Als Aufstiegsfavoriten sehe ich Viktoria Köln, Rot-Weiß Essen, Alemannia Achen sowie als Geheimfavorit Rödinghausen. Meiner Meinung nach wird Platz 1 dieses Jahr eine schier unüberwindbare Hürde für uns sein.“
 
4-liga.com: Was macht den Reiz aus, in dieser Liga zu spielen?
Fernandez: „Ganz ehrlich ist es normalerweise nicht mein Anspruch in der Regionalliga zu spielen. Dennoch gehe ich diese Aufgabe auch in meinem zweiten Jahr mit höchster Professionalität und Herzblut an. Einzig reizvoll ist die Liga meiner Meinung nach, dass sie besetzt ist mit vielen Traditionsteams, die schon 1. oder 2. Bundesliga gespielt haben. Des Weiteren sehe ich fast in jedem Team alte Weggefährten wieder gegen die oder mit den ich früher schon gespielt habe.“
 
4-liga.com: Sie haben einst in Leverkusen und auch in Saarbrücken vor einer großen Zuschauerzahl gespielt. Vermissen Sie diese Fan-Begeisterung manchmal in Lotte, wo alles im Vergleich dazu eine Nummer kleiner ist?
Fernandez: „Eindeutig ja. Für mich lebt der Fußball durch seine Fans, deren Emotionen, den Stimmungen in Stadien usw.. Dieser Faktor fehlt mir sehr.“

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