1. FC Magdeburg-Trainer Andreas Petersen: „Ich möchte aus jeder Situation das Maximale herausholen“

Veröffentlicht: 27.04.2024 23:23 Uhr | Autor: Henning Klefisch | Bild: | Quelle: dfb.de

Der 1. FC Magdeburg ist ein gern und häufig zitiertes Beispiel von Traditionsvereinen, deren Erfolg lange zurückliegt und die sich stattdessen in unteren Tabellen unterhalb ihres Anspruches aufhalten. Derzeit spielt der Europapokalsieger und Pokalsieger von 1974 in der viertklassigen Regionalliga und hatte dort sogar schon einmal die „Rote Laterne“ in Form des letzten Tabellenplatzes inne. Ein Zustand, der schnellstmöglichst geändert wurde, denn derzeit belegt man nach vier Spieltagen den 3. Tabellenplatz mit immerhin acht Zählern.

Die Vergangenheit des Teams aus Sachsen-Anhalt ist wahrlich beeindruckend. Neben dem glorreichen Triumph in Europa konnte auch dreimal die DDR-Meisterschaft und stolze sieben Mal der Pokalsieg bejubelt werden, womit der FCM sogar der Rekordpokalsieger der Deutschen Demokratischen Republik ist. In der DDR ein absolutes Spitzenteam, welches auch europaweit die Stadt und das Land würdig vertreten hat. Nunmehr sind die „Blau-Weißen“ allerdings zu einem unterklassigen Team mit einer 2006 eröffneten, modernen Arena geworden. Es kann nur besser werden bei einem Verein, der in der Regionalliga seit dem Abstieg 2008 die Plätze vier, sechs, zwölf belegte und zeitweise wie schon eingangs erwähnt auf dem 18. Tabellenplatz ein kümmerliches Dasein fristen muss.
Möglicherweise kehrt jedoch alsbald Besserung ein, denn mit der Verpflichtung von Andreas Petersen, der vom kleinen Liga-Rivalen Germania Halberstadt den Weg an die Elbe gefunden hat, gibt es einen Hoffnungsträger auf der Trainerbank der Magdeburger. Eine durchaus interessante Persönlichkeit, die sich im Gespräch mit „DFB.de“ auch offen mitteilt und neben den sportlichen Themen auch einen guten Einblick in seine private Situation liefert. Besonders erfreulich ist auch die Tatsache, dass bei nur zwei Zählern Rückstand auf den scheinbar übermächtigen Liga-Krösus RB Leipzig die Euphorie beim großen Traditionsverein enorm ist. Für Petersen ist diese Euphorie auch eine der Stärken des FCM: „Ich sehe das ganz nüchtern. Unsere Fans dürfen träumen. Wir aber sind gut beraten, es zum aktuellen Zeitpunkt nicht zu tun. Es war jedenfalls ein hartes Stück Arbeit, acht Punkte zu holen und unsere einzigartigen Anhänger mal wieder zum Lächeln zu bringen. Die Fans sind schlichtweg lebensnotwendig für Magdeburg.“
Gegen nicht gerade unfassbar attraktive Gegner wie den VfB Auerbach oder auch den ZFC Meuselwitz kamen insgesamt über 13.000 Fans ins Magdeburger Stadion. Ein unfassbarer Besuch in der viertklassigen Regionalliga. Deshalb freut sich auch der Vater von Bremen-Angreifer Nils Petersen explizit über diesen enormen Zuspruch: „In den vergangenen Jahren lief es sportlich eher enttäuschend. Dennoch waren 700 Leute bei unserem 1:1 im Auswärtsspiel beim Berliner AK dabei. So viele Besucher haben andere Klubs noch nicht einmal bei Heimspielen. Das sind wirklich die wahren Anhänger, die von der ersten Sekunde an hinter dem FCM stehen und die einige Zweit- oder Drittligisten wohl gerne hätten. Da bekomme ich eine Gänsehaut. Daher stehen wir gegenüber den Fans in der Pflicht. Ich bin mir sicher, dass meine Mannschaft mental stark genug ist, um auch mit der gestiegenen Erwartungshaltung umzugehen.“
In der abgelaufenen Spielzeit wurde der maßlos enttäuschende 18. Tabellenplatz belegt. Natürlich deutlich zu wenig für die chronisch ambitionierten Ziele des FCM. Deshalb versucht Petersen auch die Vorteile dieser suboptimalen Voraussetzung aus dem Vorjahr zu benennen, indem er sagt: „Nach diesem Resultat konnte es ja nur nach oben gehen. In den ersten vier Partien hat die Mannschaft ihre Charakterstärke bewiesen. Es kann aber auch schnell wieder in die andere Richtung gehen. Für genaue Prognosen ist es noch zu früh. Aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir zumindest mit dem Abstieg nichts zu tun haben werden.“
In den letzten Jahren wurde man bei der Favoritensuche für den Aufstieg in die 3. Liga immer extrem schnell beim RasenBallsport Leipzig fündig. Die Voraussetzungen in der Landeshauptstadt von Sachsen sind gegenüber den anderen Vereinen schlicht deutlich besser, sodass ein Aufstieg fast schon zur Pflichtaufgabe mutiert. Trotzdem haben es in den letzten Spielzeiten mit dem Chemnitzer FC und Hallescher FC zwei Teams in die Drittklassigkeit geschafft, denen es man nicht unbedingt zugetraut hat. Vielleicht eine Chance für den FC Magdeburg? Auch dazu hat der eloquente Petersen eine Meinung: „Natürlich ist es unser Ziel, mit diesem fantastischen Umfeld irgendwann in die 3. Liga aufzusteigen. Der Zeitpunkt ist die Frage. Wer mich kennt, der weiß, dass ich in jeder Situation das Maximale herausholen möchte. Wenn der Klassenverbleib gesichert ist, werden wir neue Ziele ausgeben und wollen dann eine möglichst gute Rolle spielen. In diesem Sinne können wir uns den Halleschen FC zum Vorbild nehmen. Im Klartext: Wenn wir - wie der HFC in der vergangenen Saison - die Chance haben sollten, ganz oben anzugreifen, dann möchten wir die Möglichkeit auch beim Schopfe packen.“
Oft ist es so, dass Trainer, von benachbarten Vereinen sehr skeptisch beäugt werden. Diese Tatsache versucht er in seinem eigenen Fall zu bewerten: „Die Rivalität zwischen dem "großen" 1. FC Magdeburg und der Germania, die als "Underdog" angesehen wird, ist eher sportlich. Ich habe nach wie vor einen guten Draht nach Halberstadt. Wenn man irgendwo neu ist, wird es immer einige Fans geben, die am Trainer zweifeln und ihn kritisieren. Ich möchte auch nicht gestreichelt werden, sondern bin ehrgeizig und übernehme Verantwortung für die Leistung meiner Mannschaft. Aktuell geht es bergauf, und die Fans stehen hinter uns.“
Es ist ja bekanntlich der Fall, dass der FCM über wenig Geld verfügt und schauen muss, dass der Kader clever und vor allem auch kostengünstig zusammengestellt werden kann. Über die Kaderplanung weiß der 52-Jährige zu berichten: „Wir haben uns bei der Kaderplanung vor allem eine Frage gestellt: Welche Jungs träumen nicht davon, für einen Traditionsverein wie den 1. FC Magdeburg aufzulaufen? Wir haben echte Typen geholt, die nicht nur jammern, sondern sich auch reinbeißen und die zur Duftmarke Magdeburg passen. Vom ersten Training an hatte ich das Gefühl, dass die Jungs auf einer Wellenlänge liegen und eine echte Einheit auf dem Platz bilden.“
Es fällt sicherlich vielen Übungsleitern extrem schwer, eine Selbst-Charakterisierung vorzunehmen. Trotzdem versucht es der sympathische Andreas Petersen im Gespräch mit „DFB.de“: „Nach einer schweren Verletzung musste ich meine aktive Karriere früh beenden und bin bereits seit 1984 Trainer. Ich bezeichne mich als positiv verrückt und sehr ehrgeizig. Mit mir würde - so glaube ich zumindest - jeder klarkommen. Ich bin offen und ehrlich zu meinen Spielern, sage den Jungs immer persönlich, ob sie in der Startelf stehen oder ob es nur für die zweite Mannschaft reicht.“
Viele Leute, die sich auch für den großen Bundesliga-Fußball interessieren, bringen selbstverständlich seinen Namen auch immer wieder mit seinem Sohn in Zusammenhang, der im Sommer vom deutschen Rekordmeister Bayern München zum norddeutschen Traditionsverein Werder Bremen gewechselt ist. Über diesen Karriereschritt war der „fußballverrückte“ Vater natürlich bestens informiert. Vielmehr arbeitete er sogar aktiv an der Karrieregestaltung seines Filius mit: „Ich habe die gesamte Karriere von Nils mitgeplant, auch die ersten Schritte bei Carl Zeiss Jena und den Wechsel zum FC Energie Cottbus. Ich bin überzeugt, dass er sich bei Werder durchbeißen wird. Wir stehen in ständigem Kontakt, schaukeln uns gegenseitig hoch und erzählen uns vom jeweiligen Tagesgeschäft. Wenn wir mal einen Tag nicht telefonieren, muss schon etwas im Busch sein.“

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